Preiserhöhung bei Anydesk könnte im Einzelfall unwirksam sein

Preiserhöhung bei Anydesk könnte im Einzelfall unwirksam sein

Anydesk hat wohl vor bei vielen Kunden die Preise deutlich zu erhöhen. Ich persönlich bin leider auch mal wieder betroffen. Wie zuvor bei TeamViewer finde ich das Vorgehen aber mal wieder sehr fragwürdig.

Für die Preiserhöhung hat Anydesk eine Mail versendt, wie z. B. an mich:

Hallo Daniel, wir hoffen, Sie sind wohlauf. Heute möchten wir Sie über eine anstehende Preisänderung für Ihre AnyDesk Lizenz informieren. Nach Ablauf Ihres aktuellen Abonnementzeitraums am 17.03.25 beträgt Ihr neuer Monatstarif $19.90, bei jährlicher Abrechnung. Wir möchten darauf hinweisen, dass diese Änderung lediglich auf den Grundpreis Ihrer Lizenz zutrifft und alle Preise für eventuelle Erweiterungen unverändert bleiben. Mit dieser Aktualisierung passen wir Ihren Preis dem aktuell für neue Kunden anwendbaren Tarif an. Diese Änderung wird vorgenommen, um zu gewährleisten, dass wir Ihnen auch weiterhin mit laufenden Verbesserungen, verbesserter Stabilität und neuen Funktionen einen Mehrwert bieten können. Selbst zum neuen Tarif ist AnyDesk auch weiterhin eine der kosteneffektivsten Remote-Zugriffslösungen auf dem Markt. Falls Sie Fragen haben oder Ihr Abonnement besprechen möchten, melden Sie sich einfach bei Ihrem Konto auf […] an und kontaktieren Sie uns.

In meinem Kundenkonto steht natürlich noch immer der alte Preis:

Jetzt sehen wir uns die Preiserhöhungsmail einmal genauer an. In meinem Fall entspricht der neue Preis etwa 239 USD, also einer Erhöhung von ca. 35,5 Prozent. Bei Abschluss zahlte ich mit Rabatt nur etwa 77 USD. Die Preisänderung wird mit zu erwartenden Software-Updates begründet und soll den Preis auf den „für neue Kunden anwendbaren Tarif“ anheben.

Decken möchte Anydesk das Vorgehen wohl über Punkt 16.1 der „AGB“.

Beabsichtigt ANYDESK diese Allgemeinen und Ergänzenden Geschäftsbedingungen oder die Preise zu ändern, wird dies dem Kunden mindestens 30 Tage vor der beabsichtigten Geltung mitgeteilt. Erfolgt seitens des Kunden innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Änderungsmitteilung keine schriftliche Kündigung, werden die Änderungen zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens Vertragsbestandteil. ANYDESK wird den Kunden auf diese Folge in der Änderungsmitteilung ausdrücklich hinweisen.

Die AGB werden auf der Webseite von Anydesk Nutzungsbedingungen genannt:

Ich halte es durchaus für vertretbar die wirksame Einbeziehung der AGB selbst bei B2B-Verträgen zu verneinen, denn Nutzungsbedingungen haben meines Erachtens rein gar nichts mit Preiserhöhungen gemeinsam. Vielmehr sind hier nur dem Namen nach Bedingungen zur Nutzung der Software zu erwarten gewesen.

Auch sieht die Klausel überhaupt keine Widerspruchsmöglichkeit, sondern nur eine Kündigungsmöglichkeit vor. Dies könnte bei sehr genauer Betrachtung noch wichtig sein. Auch soll wohl in der Änderungsmitteilung – laut Klausel – darauf hingewiesen werden müssen. Die Änderungsmitteilung in Gestalt der E-Mail von Anydesk weißt jedoch überhaupt nicht auf diese Rechtsfolge hin (s. o.).

Auch dürfte die Preiserhöhung so oder so unzulässig sein. Ich habe deshalb Anydesk eine Antwort gesendet:

Sehr geehrte Damen und Herren,

eine einseitige Vertragsänderung ohne explizite Zustimmung meinerseits ist rechtlich gar nicht möglich, dennoch widerspreche ich hiermit höchst vorsorglich einer etwaigen Preiserhöhung.

Dieser Widerspruch stellt im Übrigen keine Kündigung meinerseits dar.

Preisanpassungsklauseln sind nur dann zulässig, wenn sie die Zulässigkeit der Preiserhöhungen von Umständen abhängig machen, die einen sachlichen Grund für eine Preiserhöhung darstellen. Klauseln, die eine Preiserhöhung nach dem Belieben des AGB-Verwenders zulassen, sind unwirksam. Die Klausel in den AGB von Anydesk enthält diese Zulässigkeitsvoraussetzung nicht. Die Erwähnung eines etwaigen Grundes in der Preiserhöhungsemail ändert hierbei nichts an der Unzulässigkeit der Klausel selbst. Zudem müssen der Preiserhöhung Grenzen gesetzt werden. Der sachliche Grund der Preiserhöhung muss zugleich deren Ausmaß begrenzen. Die Preiserhöhung steht in keinem Verhältnis hierzu.

Auch bei B2B-Geschäften kann z. B. § 307 BGB herangezogen werden. Ich bin hier also der Auffassung, dass die Klausel selbst unwirksam ist. Zusätzlich habe ich ausdrücklich erwähnt, dass mein Widerspruch keine Kündigung ist. In der Vergangenheit hatte mir der Wettbewerber Teamviewer nämlich meinen Widerspruch zur Preiserhöhung einfach als Kündigung ausgelegt.

Vom Anydesk-Team bekam ich wenig überraschend die folgende Antwort:

Vielen Dank für Ihre Nachricht.

Mit Abschluss des Kaufs haben Sie unseren AGB zugestimmt, diese enthalten in § 16.1 Regelungen zu Preisänderungen. Preisänderungen sind von unserer Seite möglich, wenn wir den Kunden vorher hierüber informieren. Dies haben wir mit E-Mail vom 31.01.2025 getan. Durch Ihre Zustimmung zu den AGB haben Sie auch dieser möglichen Preisänderung zugestimmt.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Auch wenn der Betrag nicht unbedingt hoch ist geht es hier doch irgendwie um das Prinzip, denn zum Zeitpunkt der Antwort war die Kündigungsfrist bereits abgelaufen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ihre fantasievolle Antwort lässt erahnen, dass Sie meine Ausführungen überhaupt nicht verstanden haben.

Die Klausel ist unwirksam und den Vertrag werden Sie zum alten Preis verlängern müssen, wenn Sie mir nicht rechtzeitig vorher kündigen. Glücklicherweise haben Sie die Frist zur Kündigung gerade verpasst, weshalb Ihre späte Antwort nicht mein Nachteil, sondern vielmehr mein Vorteil ist.

Meine Erlaubnis zur Einziehung von offenen Beträgen ist auf den ursprünglichen Vertragspreis begrenzt. Sollten Sie versuchen einen höheren Betrag einzuziehen, muss ich davon ausgehen, dass Sie mir womöglich einen Vermögensschaden zufügen wollten. Ein derartiges zukünftiges Verhalten würde ich dann nicht nur einer zivilvertraglichen, sondern auch einer ausführlichen strafrechtlichen Prüfung unterziehen müssen.

Selbst wenn es Ihnen gelungen sein sollte, eine derartige Klausel wirksam in den Vertrag einzubinden – was in der Tat nicht der Fall ist – so wäre Ihr Vorhaben letztlich zum Scheitern verurteilt. Denn der als Anlass der Preiserhöhung angeführte Umstand kann im Rahmen einer sorgfältigen Glaubhaftmachung als unrichtig entlarvt werden, da es mir jederzeit möglich ist, den betreffenden Tarif zum ursprünglichen, unveränderten Preis neu zu buchen.

In meiner Antwort-Mail habe ich darauf hingewiesen, dass in Ermangelung einer Kündigung von Anydesk der Vertrag zum alten Preis fortgesetzt werden muss. Auch habe ich nochmal klargestellt, dass sich meine Erlaubnis zur Einziehung von Beträgen – von meiner hinterlegten Zahlungsmethode – ausdrücklich auf den alten Preis beschränkt ist. Zu guter letzt muss jedem auch klar sein, der angebliche Neukundenpreis ist nicht der tatsächliche Neukundenpreis:

Die meisten Neukunden bekommen nämlich über die Standard-Promo gute 50% Rabatt auf den Preis.

In der Gesamtschau lassen sich also die folgenden Punkte durchaus vertreten:

  • die Klausel wurde nicht wirksam in den Vertrag einbezogen
  • die Klausel hält einer Inhaltskontrolle nicht stand
    • die Klausel ist nach alledem unwirksam
  • der Grund für die Preiserhöhung ist unwahr
  • der Neukundenpreis ist inkorrekt
  • die Änderungsmitteilung erfolgte nicht in der vermeintlich vereinbarten Form
    • in Verbindung mit dem Widerspruch dürfte die Preiserhöhung deshalb selbst bei einer angenommenen Wirksamkeit der Klausel unwirksam sein

Sollte meine Einschränkung der Erlaubnis zur Einziehung von Beträgen wirksam sein (s. o.) und sollte Anydesk trotzdem versuchen den vollen Betrag abzubuchen, könnte (in der Zukunft) ein versuchter Betrug (da die Abbuchung scheitern wird) zu meinen Lasten vorliegen. Denn in einem solchen Fall könnte es vertretbar sein, anzunehmen, dass das Unternehmen versucht vorsätzlich einen Vermögensschaden zu verursachen, indem Anydesk über den Bestand einer wirksam Berechtigung zur Einziehung des Betrages hinwegtäuscht.

Dieser Artikel ist rein informativ und ersetzt keine Rechtsberatung im Einzelfall. Der Fall könnte bei Ihnen auch anders gelagert sein. In meinem Beispielfall bin ich aber bereits sehr gespannt was als nächstes passieren wird. Eine Abbuchung des von Anydesk gewünschten Betrages ist nicht möglich, da ich ein entsprechendes Limit hinterlegt habe, d. h. Anydesk kann nur den ursprünglichen Betrag abbuchen aber nicht mehr. Für jede Meinung findet sich ein Jurist der diese vertritt 🙂

Nach alledem dürfte es nun wohl auch an der Zeit sein sich RustDesk genauer anzusehen.

Update #1

Leider zeigt sich Anydesk noch immer uneinsichtig.

Vielen Dank für Ihre E-Mail. Wir haben uns erlaubt, den Sachverhalt zu prüfen.

Ihre Lizenz K************ steht am **.**.2025 zum Renewal an.

Wir haben Sie gemäß § 16.1 unserer AGB (https://anydesk.com/de/agb#_Toc112398540) darüber informiert, dass wir unsere Preise anpassen. Sie hatten hierauf ein außerordentliches Kündigungsrecht innerhalb der 30 Tage nach Zugang der Mitteilung. Ein Widerspruchsrecht, wie von Ihnen ausgeübt, ist in unseren AGB nicht vorgesehen.

Da Sie explizit darauf hinweisen, dass ihr „Widerspruch“ nicht als Kündigung zu verstehen ist, bleibt uns bedauerlicherweise nichts anderes übrig, als Ihre Lizenz zu dem neuen Preis zu verlängern. Rein vorsorglich möchten wir darauf hinweisen, dass, sollte eine Zahlung ihrerseits nicht erfolgen, wir zu gegebener Zeit weitere Schritte rechtlich prüfen werden. Aktuell gehen wir jedoch nicht davon aus, dass dies notwendig sein dürfte.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen/Kind regards

Ihr AnyDesk Legal Team

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