Arzthaftungsrecht: Mustergutachten zum Schadensersatz aufgrund einer nicht notwendigen Operation

Arzthaftungsrecht: Mustergutachten zum Schadensersatz aufgrund einer nicht notwendigen Operation

I. Unstreitiger Sachverhalt

  1. Streitgegenstand

P begehrt von A die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 1.000 EUR für die im Nachgang einer Operation (OP) erlittenen Schmerzen sowie 10.000 EUR Schadensersatz zur Beseitigung einer Operationsnarbe bei einem Spezialisten.

  1. Unstreitiger Sachverhalt

P ist Patient des Arztes A und suchte diesen anlässlich einer Fettabsaugung auf. A erteilte dem P zunächst den Rat, für ein halbes Jahr täglich 10 km zu laufen, um die geplante OP zur Fettabsaugung weniger belastend durchführen zu können.

P folgte diesem Rat und gab datiert auf den 30. Februar 2020 eine Einwilligung – unter dem Vorbehalt der Notwendigkeit – für die Operation ab.

Am 8. September 2020 entfernte A während einer ambulanten Operation aus dem Bauchraum des P im Rahmen der Fettabsaugung Fett. Die Wunde wurde durch den A akkurat genäht.

A sicherte dem P ferner zu, dass sich durch die Straffung der Hautfläche, positive Effekte auf das angestrebte Sixpack ergeben würden.

A ermahnte den P während der zehntägigen Heilungszeit Ruhe zu halten und Bewegung zu vermeiden. Weiter empfahl er P auf die Einnahme von Schmerzmitteln zu verzichten, da Schmerzen eine zu starke Bewegung der Wunde deutlich signalisieren würden.

P – welcher zu diesem Zeitpunkt bereits 28 Kg abgenommen hatte – ignorierte den vorgenannten ärztlichen Rat und bediente – unter täglicher Einnahme von Schmerzmitteln – eine Beinpresse um die Muskeln in den Oberschenkeln zu trainieren.

In Folge dessen verheilte die Operationsnarbe nicht wie gewünscht.

II. Vorbringen des Anspruchstellers

P bringt vor die Operation sei nicht notwendig gewesen, weshalb seine Einwilligung nicht wirksam erteilt worden wäre. Ferner wäre der erteilte Rat falsch gewesen. Das entfernte Fett habe laut einer Laboruntersuchung nur eine irrelevant geringe Menge aufgewiesen. Laut eigener Messungen des P wurde das Körpergewicht durch die Operation nur um 300g verringert.

III. Vorbringen des Anspruchsgegners

A betont, P habe den Wundheilungsprozess unstrittig – entgegen des ärztlichen Rates – durch sein Verhalten gestört.

Weiter trägt A vor, dass nach seinem ärztlichen Eindruck die Gefahr bestand, dass sich das nachweislich vorhandene Übergewicht in kurzer Zeit gefährlich habe weiterentwickeln können und daher die Fettabsaugung richtig gewesen sei, um die Behandlung zum Erfolg zu führen.

Auch sei dem P bereits vor der Operation bekannt gewesen, dass eben diese OP durch das empfohlene Lauftraining in ihrem Umfang verringert werden könnte, was letztendlich auch eingetreten ist.

IV. Gutachten

P könnte einen Schadensersatzanspruch auf Ersatz der Kosten für eine Behandlung zur Narbenentfernung in Höhe von 10.000 EUR und einen Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 1.000 EUR gegen A aus § 823 Abs. 1 BGB haben.

Hierzu müsste zunächst eine Rechtsgutverletzung in Form eines verletzten Rechtsgutes und ein konkreter Verletzungserfolg vorliegen.

In Betracht kommt die Verletzung des Körpers und der Gesundheit. Eine Körperverletzung ist jeder Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Eine Gesundheitsverletzung liegt in jedem Hervorrufen eines vom Normalzustand der körperlichen Funktionen nachteilig abweichenden Zustandes. Eine Operation erfordert per Definition eine Verletzung des Körpers und stellt daher einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit dar. Die durch die Operation erlittenen Schmerzen entsprechen wiederrum einem vom Normalzustand der körperlichen Funktionen abweichenden nachteiligen Zustand und daher einer Gesundheitsverletzung. Daher liegt die Verletzung des Körpers und der Gesundheit vor.

In dem Vorhandensein einer Operationswunde bzw. Narbe und der Schmerzen liegt ein Verletzungserfolg.

Daher liegt eine Rechtsgutverletzung in Form eines verletzten Rechtsguts und ein konkreter Verletzungserfolg vor.

In dem Zufügen des Operationsschnittes durch den A am Körper des P liegt eine Handlung durch aktives Tun.

Weiter müsste haftungsbegründende Kausalität gegeben sein. Dies erfordert die Ursächlichkeit und Zurechenbarkeit der Handlung zum Verletzungserfolg.

Die Handlung in Form der Durchführung der Operation führte zur Verletzung des Körpers durch den Operationsschnitt. In Folge dessen kam es zum Verletzungserfolg in Form einer Narbe und postoperativen Schmerzen.

Daher ist die Handlung dem Verletzungserfolg zurechenbar und für diesen ursächlich. In Folge dessen ist die haftungsbegründende Kausalität gegeben.

Das Handeln des P müsste außerdem rechtswidrig gewesen sein. Nach der herrschenden Ansicht des Erfolgsunrechts ist die Rechtswidrigkeit indiziert, sofern keine Rechtfertigungsgründe wie eine Einwilligung, Notwehr oder andere Rechtsfertigungsgründe (z. B. §§ 227 bis 230, 904 BBG) vorliegen.

Fraglich ist ob eine wirksame Einwilligung vorliegt.

Eine wirksame Einwilligung für eine Operation liegt vor, wenn die Voraussetzungen des § 630d BGB erfüllt sind und die Einwilligung nicht unwirksam geworden ist. Dies Voraussetzungen § 630d BGB sind erfüllt, wenn der Patient vor dem Eingriff nach Maßgabe des § 630e Abs. 1 bis 4 BGB aufgeklärt wurde, Einwilligungsfähig ist oder im Falle der Einwilligungsunfähigkeit die Einwilligung von einem Berechtigten eingeholt wurde oder durch eine Patientenverfügung nach § 1901a Absatz 1 Satz 1 die Maßnahme gestattet wurde.

Es ist zu prüfen ob der Patient nach Maßgabe der § 630e Abs. 1 bis 4 BGB aufgeklärt wurde.

Dies setzt voraus, dass der Behandelnde den Patienten über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände aufgeklärt hat (§ 630e Abs. 1 BGB). Dazu gehören insbesondere Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Diagnose oder die Therapie. Bei der Aufklärung ist auch auf Alternativen zur Maßnahme hinzuweisen, wenn mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Methoden zu wesentlich unterschiedlichen Belastungen, Risiken oder Heilungschancen führen können.

Die Aufklärung muss für den Patienten verständlich (§ 630e Abs. 2 Nr. 3 BGB) sein und derart rechtzeitig erfolgen, dass der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann (§ 630e Abs. 2 Nr. 2 BGB). Die Aufklärung muss mündlich durch den Behandelnden oder durch eine Person erfolgen, die über die zur Durchführung der Maßnahme notwendige Ausbildung verfügt (§ 630e Abs. 2 Nr. 1 BGB).

Es ist fraglich ob die Aufklärung rechtzeitig im Sinne des § 630e Abs. 2 Nr. 2 BGB erfolgte.

Eine Aufklärung erfolgt nach § 630e Abs. 2 Nr. 2 BGB rechtzeitig, wenn diese in einem derart angemessenen zeitlichen Abstand durchgeführt wird, dass der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann (s. o.).

Bei einem zeitlichen Abstand von mehr als sechs Monaten zwischen Aufklärung und Eingriff ist nach der Lebenserfahrung nicht mehr davon auszugehen, dass dem Patienten die Vor- und Nachteile sowie die Risiken eines Eingriffes noch gegenwärtig sind (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 15.11.2016 – 4 U 507/16).

Laut Sachverhalt erteilte P, dem A datiert auf den 30. Februar 2020 und somit um den 28. Februar 2020 – unter dem Vorbehalt der Notwendigkeit – nach einem Beratungsgespräch, die schriftliche Einwilligung die Operation durchzuführen. Die Operation wurde daraufhin ohne weiteres Aufklärungsgespräch am 8. September 2020 – mithin ein halbes Jahr später – durchgeführt.

Die „falsche“ Datumsangabe ist unschädlich, da laut Sachverhalt ohnehin ein halbes Jahr Training angeraten wurde und somit in jedem Fall ein halbes Jahr zwischen vorgenannter Einwilligung und Operation lag.

Daher war zum Zeitpunkt der Operation davon auszugehen, dass dem P die Vor- und Nachteile sowie die Risiken eines Eingriffes nicht mehr gegenwärtig waren und darüber hinaus die vor einem halben Jahr getroffene Beurteilung seines Gesundheitszustandes durch den Zeitfaktor und die Gewichtsabnahme zum Zeitpunkt der Operation nicht mehr zutreffend waren, weshalb er nicht über die Risiken, Belastungen und Heilungschancen der bevorstehenden Operation aufgeklärt sein konnte und demnach die Aufklärung im Sinne des § 630e Abs. 2 Nr. 2 BGB – durch das Unterlassen einer erneuten Aufklärung am Operationstag – nicht rechtzeitig erfolgte.

Weshalb der Patient durch den Behandelnden über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände (§ 630e Abs. 1 BGB) nicht aufgeklärt wurde und dieser in Ermangelung dieser Informationen auch keine wohlüberlegte Entscheidung über seine Einwilligung treffen konnte.

Daher wurde der Patient nach Maßgabe der § 630e Abs. 1 bis 4 BGB nicht aufgeklärt, weshalb die Voraussetzungen des § 630 d BGB nicht erfüllt sind.

Der Vollständigkeit halber ist zu prüfen, ob die die Einwilligung unwirksam geworden ist. In Betracht kommt die Unwirksamkeit der Einwilligung durch eine auflösende Bedingung (§ 158 BGB).

Es ist zu prüfen ob eine auflösende Bedingung nach § 158 BGB vorliegt. Eine auflösende Bedingung liegt vor, wenn ein Rechtsgeschäft von einem vorher definierten Ereignis bzw. einem vorher definierten Zustand, welches bzw. welcher zu einem späteren Zeitpunkt eintreten könnte – abhängig gemacht wird und dieses Ereignis bzw. dieser Zustand sodann tatsächlich eintritt.

Laut Sachverhalt erteilte P die Einwilligung zur Operation unter dem Vorbehalt der Notwendigkeit der Operation am Operationstag.

Daher ist zu prüfen ob die Operation zum Zeitpunkt der Operation notwendig war. Notwendig ist eine Operation, wenn diese nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§242 BGB) tatsächlich notwendig ist und i. S. d. § 630e Abs. 1 BGB keine angemessenen alternativen Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen.

Laut Sachverhalt trägt A vor, dass nach seinem ärztlichen Eindruck die Gefahr bestand, dass sich das nachweislich vorhandene Übergewicht in kurzer Zeit gefährlich habe weiterentwickeln können und daher die Fettabsaugung richtig gewesen sei, um die Behandlung zum Erfolg zu führen.

Eine Laboruntersuchung und Messungen des P (ca. 300 g) ergaben, dass bei der Fettabsaugung nur eine sehr geringe Menge Fett entfernt wurde, wohingegen der P durch eigene Bemühungen bereits 28 Kilo verloren hatte.

Dies fand jedoch keinerlei Beachtung durch den A, da dieser es nicht für notwendig erachtete den gesundheitlichen Status des P am Tag der Operation erneut zu prüfen und mit diesem zu besprechen (s. o.).

Eine solche erneute Prüfung der Notwendigkeit wäre nach mehr als einem halben Jahr und dem beträchtlichen Gewichtsverlust auch nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) geboten gewesen (s. o.).

Nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§242 BGB) müsste ein redlich und anständig handelnder Mensch – mit den Kenntnissen der Personengruppe denen der A angehört – daher auch zwangläufig zu dem Ergebnis kommen, dass das Training des P eine angemessene alternative Maßnahme zu einer Operation im Sinne des § 630e Abs. 1 BGB ist.

Weshalb die Operation zum Zeitpunkt der Operation nicht mehr notwendig war.

Daher liegt in dem Fehlen der Notwendigkeit der Operation zum Operationszeitpunkt, der Eintritt des vorher definierten Vorbehalts der Notwendigkeit von dem das ursprüngliche Rechtsgeschäft abhängig gemacht wurde.

Demnach liegt eine auflösende Bedingung nach § 158 BGB vor, welche zur Unwirksamkeit der Einwilligung führt.

Auch eine konkludente Einwilligung scheidet in Ermangelung der Voraussetzungen des § 630 d BGB (s. o.) grundsätzlich aus.

Deshalb liegt keine wirksame Einwilligung vor.

Notwehr oder andere Rechtsfertigungsgründe (z. B. §§ 227 bis 230, 904 BBG) liegen nicht vor.

Daher bestehen keine Rechtfertigungsgründe, weshalb Rechtswidrigkeit indiziert und somit gegeben ist.

Weiter muss Verschulden durch Vorsatz, Fahrlässigkeit oder Haftungsverschärfung sowie Verschuldensfähigkeit vorliegen.

In Betracht kommt Fahrlässigkeit. Fahrlässigkeit nach § 276 Abs. 2 BGB liegt vor, wenn eine im Verkehr erforderliche Sorgfalt besteht, diese missachtet wird und keine Haftungsbeschränkung vorliegt.

Eine solche Sorgfaltsanforderung kann nach den typischen Kenntnissen und Fähigkeiten der Personengruppe welcher der Schädiger angehört oder nach dem objektiven Einfluss der konkreten Situation auf den Verletzten oder nach den subjektiven Kenntnissen und Fähigkeiten des Schädigers (soweit diese über den typischen Kenntnissen bzw. Fähigkeiten liegen) bestehen.

In Betracht kommt die Sorgfaltsanforderung nach den typischen Kenntnissen und Fähigkeiten der Personengruppe, welcher der Schädiger angehört. Der Schädiger ist Arzt und hat daher die sich aus den §§ 630a ff. BGB ergebenden Bestimmungen zu beachten. Weiter ist der Schädiger als Arzt dem Wohlergehen und der Gesundheit seines Patienten durch Eid/Gelöbnis verpflichtet.

Daher besteht eine im Verkehr erforderliche Sorgfalt.

Fraglich ist ob diese Sorgfaltsanforderungen (s. o.) missachtet wurden. Durch die Vornahme der Operation ohne erneute Gesundheitsprüfung – obwohl diese nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) geboten gewesen wäre (s. o.) – und erneute Aufklärung (s. o.) des Patienten (§ 630e Abs. 1 bis 4 BGB) wurden die Sorgfaltsanforderungen (s. o.) missachtet.

Eine Haftungsbeschränkung liegt laut Sachverhalt nicht vor.

Daher liegt Fahrlässigkeit vor.

Laut Sachverhalt sind keine Hinweise auf eine Verschuldensunfähigkeit oder fehlende Verschuldensfähigkeit erkennbar, weshalb Verschuldensfähigkeit gegeben ist.

Daher liegt Verschulden vor.

Weiter muss ein ersatzfähiger Schaden gegeben sein.

In Betracht kommt ein Schaden nach der Differenzhypothese (§§ 249 ff. BGB). Zu ersetzen ist der kausal auf der etwaigen Pflichtverletzung beruhende Schaden. Ein Schaden nach der Differenzhypothese (§§ 249 ff. BGB) liegt vor, wenn der Schaden dazu geeignet ist eine unfreiwillige Vermögenseinbuße auf Seiten des Geschädigten zu bewirken. Zu vergleichen ist demnach die Vermögenslage, wie sie sich unter Berücksichtigung der Pflichtverletzung darstellt, mit der Vermögenslage, wie sie sich ohne das schädigende Ereignis darstellen würde, während für Nichtvermögensschaden – welche nach § 253 Abs. 2 BGB aus der Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung oder aus bestimmten gesetzlichen geregelten Fällen nach § 253 Abs. 1 BGB resultieren können – nach den Bestimmungen des §§ 253 ff. BGB eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden kann.

Der Schaden, namentlich die entstehenden Behandlungskosten zur Entfernung der Narbe, verursachen eine Vermögenseinbuße auf Seiten des Geschädigten, welche ohne die Pflichtverletzung des A kausal nicht eingetreten wäre. Weiter kann für den Nichtvermögensschaden – in Form der erlittenen Schmerzen – aufgrund der Gesundheitsverletzung (s. o.) nach den Bestimmungen des §§ 253 ff. BGB eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

Deshalb liegt ein Schaden nach der Differenzhypothese (§§ 249 ff. BGB) vor.

Weiter muss der Schaden ersatzfähig sein. In Betracht kommt der Anspruch auf Ersatz der Behandlungskosten (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB) als materieller Schaden sowie der Anspruch auf Schmerzensgeld als immaterieller Schaden durch Verletzung absoluter Rechtsgüter nach § 253 Abs. 2 BGB.

Nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Gläubiger statt der Herstellung des ursprünglichen Zustands den dafür erforderlichen Geldbetrag verlangen, wenn wegen der Verletzung einer Person Schadensersatz zu leisten ist.

Laut Sachverhalt entstand die Narbe durch die Körperverletzung (s. o.) und somit durch die Verletzung einer Person (s. o.).

Nach § 253 Abs. 2 BGB kann bei einer Körper- und Gesundheitsverletzung eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden. Zur Bestimmung der Höhe ist § 287 ZPO heranzuziehen, wonach unter Würdigung aller Umstände und freier Überzeugung des Gerichts die Schadenshöhe festgelegt wird.

So wurden etwa bei einer Narbenbildung, Hand- und Zahnverletzung von Gerichten 6.100 EUR (OLG Karlsruhe, 1985, Az. 13 U 60/84) und bei einer hypertrophen Narbe über dem Brustansatz nach Entfernung eines Muttermals (Aufklärungsfehler) 4.000 EUR zugesprochen .

Laut Sachverhalt verspürte der Patient P postoperative Schmerzen, aufgrund der durch die Operation bedingten Gesundheitsverletzung (s. o.) und nahm Schmerzmittel ein.

Die Einnahme von Schmerzmitteln kann die erlittenen Schmerzen einer Operation nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht gänzlich reduzieren.

Der laut Sachverhalt geforderte Schmerzensgeldbetrag – aufgrund der erlittenen Schmerzen – in Höhe von 1.000 EUR bewegt sich daher im unteren Bereich, weshalb davon auszugehen ist, dass eine Bestimmung der Schadenshöhe nach § 287 ZPO dieser Forderung folgen wird bzw. in jedem Fall ein nicht näher bezeichneter Schmerzensgeldbetrag zugesprochen werden würde.

Daher besteht der Anspruch auf Ersatz der Behandlungskosten (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB) sowie der Anspruch auf Schmerzensgeld nach § 253 Abs. 2 BGB.

Daher ist der Schaden ersatzfähig.

Fraglich ist ob eine Kürzung um einen Mitverschuldensanteil nach § 254 Abs. 1 BGB vorzunehmen ist. Eine Kürzung ist vorzunehmen, wenn den Geschädigten eine Schadensabwendung- und Schadenminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 S. 1 BGB trifft. Der Geschädigte muss die Maßnahmen ergreifen, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensabwendung oder -minderung ergreifen würde; dabei ist der entscheidende Abgrenzungsmaßstab der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Demnach ist ein Mehrschaden, der durch das Unterlassen von Schadenminderungsmaßnahen entsteht, in der Regel allein dem Geschädigten zuzurechnen.

Laut Sachverhalt war dem P bekannt, dass er die Einnahme von Schmerzmitteln zu Unterlassen hat um zu starke (nachteilige) Bewegungen zu spüren. Weiter sollte der P eine Ruhepause von 10 Tagen einhalten. An beide Empfehlungen hielt sich der P laut Sachverhalt nicht, obwohl dieser wusste, dass eine Nichteinhaltung zu einem gestörten Wundheilungsprozess führen kann. Ein ordentlicher und verständiger Mensch hätte demnach zumindest die Empfehlung zur Ruhe eingehalten. Den P traf daher auch eine Pflicht einen weitergehenden Schaden im Sinne des § 254 Abs. 2 S. 1 BGB gering zu halten bzw. abzuwenden.

Fraglich ist in welcher Höhe die Kürzung zu erfolgen hat. Nach § 254 Abs. 1 BGB bestimmt sich die Höhe demnach, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

Laut Sachverhalt liegt eine Körperverletzung vor (s. o.) und auch bei einem positiven Verlauf der Wundheilung wäre es zu einer geringfügigen Narbenbildung gekommen. Weiter bestand hiervon unbeachtet auch stets das Risiko weiterer Wundheilungsstörungen z. B. durch Infektionen. Dementsprechend verschlimmerte sich zwar die bereits zu erwartende Narbenbildung durch die Missachtung des ärztlichen Rates, jedoch wäre es in jedem Fall zu einer geringfügigen Narbenbildung gekommen, welche kausal auf die Körperverletzung zurückzuführen ist (s. o.).

Dementsprechend ist es nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) unbillig, dem einen oder dem anderen Teil ein erhöhtes Mitverschulden zuzurechnen, weshalb eine Quotelung der zu erwartenden Behandlungskosten in gleiche Teile vorzunehmen ist. Dementsprechend hat die Kürzung in einer Höhe von 50% der Behandlungskosten, mithin 5.000 EUR zu erfolgen.

Demnach ist eine Kürzung um einen Mitverschuldensanteil in Höhe von 5.000 EUR nach § 254 Abs. 1 BGB vorzunehmen.

Aus alledem folgt das ein ersatzfähiger Schaden gegeben ist.

Weiter muss haftungsausfüllende Kausalität hinsichtlich des Verletzungserfolgs zum Schaden vorliegen.

Dies ist der Fall, wenn der Verletzungserfolg ohne die Verletzungshandlung nicht eintreten kann (Äquivalenztheorie), wenn mit dem Schaden nach allgemeiner Lebenserfahrung zu rechnen war und ein angemessener Zusammenhang zwischen Handlung und Schaden besteht, d.h. der Schaden nicht völlig außerhalb aller Wahrscheinlichkeit lag (Adäquanztheorie) sowie die Norm vor einem Schaden, der durch die rechtswidrige Handlung eingetreten ist, schützen soll (Schutzzweck der Norm).

Laut Sachverhalt wäre der Verletzungserfolg in Form einer Narbe und der Schmerzen ohne die Verletzungshandlung in Gestalt der Operation nicht eingetreten (s. o.).

Auch ist bei einer Operation nach allgemeiner Lebenserfahrung grundsätzlich mit Narben und Schmerzen zu rechnen.

Auch soll die Norm des § 823 Abs. 1 BGB gerade vor rechtswidrigen Handlungen, welche die betroffenen Rechtsgüter Körper und Gesundheit verletzen, schützen.

Demnach wäre der Verletzungserfolg ohne die Verletzungshandlung nicht eingetreten. Mit dem Schaden war nach allgemeiner Lebenserfahrung zu rechnen und es bestand ein angemessener Zusammenhang zwischen Handlung und Schaden. Auch schützt die Norm vor dem Schaden durch die hier vorliegende rechtswidrige Handlung.

Daher liegt haftungsausfüllende Kausalität hinsichtlich des Verletzungserfolgs zum Schaden vor.

P hat einen Schadensersatzanspruch auf Ersatz der Kosten für eine Behandlung zur Narbenentfernung in Höhe von 5.000 EUR und einen Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 1.000 EUR gegen A aus § 823 Abs. 1 BGB.

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